GGAP – Rundmail November

Liebe Freunde und Freundinnen der Philippinen,

In den letzten Wochen haben wir wieder mehrfach von den Philippinen – selbst in unseren Medien – gehört. Mal wieder ging es um Taifune, Überschwemmungen, Erdrutsche und andere Folgen der globalen Klimaerwärmung. Die schlimmsten Zerstörungen wurden auf Luzon in den Nordphilippinen angerichtet, in denen unser Projekt nicht aktiv ist. Allerdings werden die Philippinen in jedem Jahr, in der Taifunsaison von September bis Dezember von unzähligen Unwettern heimgesucht, von denen es die wenigsten in unsere Nachrichten „schaffen“. V.a. im Norden und Osten aber auch in den Zentralphilippinen sorgen sie regelmäßig für Todesopfer sowie dafür, dass hunderte und tausende meist besonders arme
Menschen vor Ort das wenige verlieren, das sie haben. Gerade die Ärmsten – ohne Landbesitz
– sind oft gezwungen ihr dürftiges Zuhause aus Holz und Blech auf Stelzen ins Meer zu stellen, da dieses „Land unter Wasser“ niemanden gehört.

Kindern und Jugendlichen mit diesem sozialen Hintergrund möchten wir eine Zukunft geben.
Wer so wohnt, braucht keine Miete zahlen.
Verliert aber schnell „Alles“ wenn ein Taifun kommt. Bildungsförderung ist ein nachhaltiger Weg aus dieser Armut!

Daher freue ich mich, endlich mal wieder gute Nachrichten von den Philippinen zu bringen. Fünf der von uns unterstützten Ausbildungszentren haben zwischen August und Oktober wieder die Ausbildung von Berufsschülern begonnen. Zunächst wurden die seit März durch
einen der längsten und härtesten weltweiten Lock-Downs unterbrochenen Ausbildungen vom Vorjahr zu Ende geführt. An den 4 Zentren in Mati-City/Mindanao, Dumangas/Panay, Punta- Princesa/Cebu-City und Minglanilla/Cebu-Island haben nun auch wieder neue Ausbildungssemester
begonnen. Als GGAP e.V. konnten wir mit Euren trotz auch deutscher
Wirtschaftskrise weiterhin großzügig eintreffenden Spendengeldern in Höhe von gut 58.000€ vor Ort in den letzten Wochen 145 neue Stipendien an Jugendliche vergeben. Wir hoffen, dass wir 2021 wieder auch in anderen von uns traditionell unterstützten Zentren unsere Förderung wieder aufnehmen können. Besonders die Zentren in Liloan/ Cebu-Island (kümmert sich um Rehabilitation von ehemals straffälligen Jugendlichen durch Berufsausbildung) und in Borongan/ Samar liegen uns hier am Herzen.

Hier ein sehr ergreifendes Video über die Versuche von Online-Learning in dieser besonders armen Region:


Hier unsere Gesamtförderzahlen seit 2001:

Die Zahlen der Bewerbungen an den einzelnen Zentren sind im Vergleich zu vor der Krise deutlich zurückgegangen, da es sich viele Familien trotz unserer Übernahme von Studiengebühren und z.T. auch Ernährungs-pauschalen nicht leisten können, auf die Arbeitskraft der geförderten Jugendlichen für 1-2 Jahre zu verzichten, bis diese die Ausbildung incl. „On-the-Job-Training“ beendet haben. Die Not erlaubt es vielen Familien nur kurzfristig zu planen, quasi „von der Hand in den Mund zu leben“. Die Sorge um die Ernährung und Versorgung der Großfamilien am nächsten Tag und in der nächsten Woche lässt sie den langfristigen Wert der Aus-bildungen nicht erkennen. Sie wissen nicht, wie sie die Zeit finanziell überbrücken sollen, die es dauert, bis eine solche Ausbildung z.B. zum Automechaniker, zur Maschinenschlosserin, zum Tischler oder zur Elektrikerin … abgeschlossen ist. Der auf den Philippinen hoch angesehene Abschluss in den Berufsausbildungszentren der Salesianer, die nach deutschem dualen System ausbilden, ist vor Ort sehr viel wert, die Absolventen sind begehrt, der langfristige Lohn ist um ein Vielfaches höher als die Tagelöhnertätigkeiten, für die viele jetzt von ihren Familien gebraucht werden. Vielen Familien haben die strengen lokalen Lock-Down-Maßnahmen, siehe letzter Newsletter bzw. Bericht auf unserer Website, den letzten Boden unter den Füßen weggezogen. Eine Bazooka gab es auf den Philippinen nicht, vielmehr hat auch hier der autoritäre Staat unter Präsident Duterte die Beschränkungen im Rahmen der Pandemie genutzt, um seine eigene Macht weiter auszubauen.

Unsere Zentren sind in der Krise sehr unterschiedlich und kreativ mit den Einschränkungen umgegangen. In Minglanilla, einem Zentrum, dass sich ausschließlich um junge Frauen kümmert, 10% von ihnen im Rahmen einer Rehabilitation nach Befreiung aus den Abhängigkeiten im Rotlichtmilieu, hat sogar versucht eine Art Online-Learning zu entwickeln, was natürlich bei der eingeschränkten „Wohn-Infrastruktur“ äußerst ambitioniert ist. In der Region Cebu, die neben Manila besonders streng durch Corona und den konsekutiven Lock-Down betroffen war, hat das dazu geführt, dass sie schon im August als erstes Zentrum überhaupt wieder öffnen konnten. Natürlich gibt es dabei viele Probleme, wie wir aus dem „hoch-digitalisierten Deutschland“ wissen, aber es geht erst einmal weiter für die
Jugendlichen.

In Punta Princesa, Dumangas und Mati wurden die Jugendlichen in 2 Gruppen eingeteilt, die sich im 2-Wochen-Takt in den Zentren ablösen. Die eine Hälfte erhält mit Abstand und in noch
kleineren Gruppen Präsenzunterricht in den praktischen Fächern und vertieft zu Hause selbst angeeignete theoretische Kenntnisse, die andere Hälfte muss in neu geschaffenen Arbeitsheften einen Großteil der Theorie zu Hause durcharbeiten. Aus den Rückmeldungen über unsere Stipendiaten/Innen aus Mati hörten wir folgenden Bericht, der zeigt, dass es um mehr als das Erlernen eines Berufs sondern um die Vorbereitung auf das Leben geht:

Ein Maschinenbaustudent aus Mati wurde schon immer als guter Schüler bei schriftlichen Aufgaben oder handwerklichen Arbeiten beschrieben, aber als sehr menschenscheu und unsicher, sobald er vor anderen sprechen musste. Da alle Jugendlichen in Mati kostenfrei im Internat leben können und dafür im Haushalt Pflichten übernehmen, wählten die Brüder deshalb für ihn den sehr kommunikativen Job als Pförtner und Telefonisten aus. Inzwischen kann er schon sehr viel freier und selbstbewusster unter Menschen agieren.

Hin und wieder erreichen wir auch, dass Jugendliche durch unsere Stipendien selbst Wege finden für Ihre Umgebung ein Segen zu sein, so dass unsere Stipendien quasi ein wenig Wellen schlagen:

Zwei Jugendliche aus Mati mit Stipendien durch uns teilten ihre insgesamt knapp bemessenen Nahrungspauschalen mit 2 weiteren Jugendlichen, die keine Stipendien durch uns erhielten und die aufgrund von Corona ihre bisherige finanzielle Unterstützung durch die Familie verloren hatten.

Die Philippinen haben so ihre „Erfahrungen“ mit Seuchen. Hier ein Foto aus dem Lepra-Museum auf der Insel Culion auf der von 1907- 1956 die zeitweise größte Leparakolonie der Welt bestand. Wer an der seinerzeit nicht heilbaren Lepra erkrankte, kam hier in „lebenslange Quarantäne“, das galt auch für die freiwilligen medizinischen Helfer, häufig Ordensleute. Noch immer gehören die Philippinen zu den wenigen Hochprävalenz- gebieten für Lepra.

Das „arme Paradies“ ist im gewissen Sinne ein Land der Extreme. Beim Umgang mit Schwierigkeiten und Durststrecken können auch wir im reichen und viel abgesicherteren
Deutschland viel von den philippinischen Menschen lernen. Auch wenn die Nationen der
Welt derzeit auseinanderdriften so sind wir doch nur gemeinsam und im gegenseitigen
Lernen voneinander stark.

Vielleicht machen diese Rückmeldungen aus einem Land, das von den bekannten und gemessenen Zahlen in der Corona-Pandemie derzeit wieder weniger als wir betroffen scheint, aber wirtschaftlich einen um so höheren Preis dafür gezahlt hat, auch ein wenig Mut für unseren bevorstehenden „Corona-Winter“ mit allen tatsächlichen und befürchteten Ein-schränkungen.

Vorweihnachtliche Entschleunigung

Wir danken allen Spendern/Innen, die in diesen auch für Deutschland ungewöhnlich unsicheren Zeiten weiterhin für unsere Projekte in den fernen Philippinen spenden!
Gerne darf diese Rundmail weitergeleitet werden. Viele suchen gerade in der kommenden vorweihnachtlichen Zeit nach sinnvollen Möglichkeiten, mit einer Spende nachhaltig Gutes zu tun. Mit den Kosten für einen coronabedingt weggefallenen Wochenendurlaub zu zweit in Deutschland können wir auf den Philippinen eine/-n Jugendliche/-n eine komplette
Ausbildung finanzieren, die ihm oder ihr eine langfristige Perspektive gibt. Letztendlich hilft uns in unserer Arbeit aber jeder Euro, den wir dann mit anderen Euros und Cent zu einem neuen Stipendium zusammensetzen.

Vielen herzlichen Dank und herzliche Grüße
Sebastian Spinner im Namen des Vorstands